Geschichte

Heute ist der English Setter in Deutschland kein verbreiteter Jagdhund.

Vor 100 Jahren sah das noch ganz anders aus. Ca. 500 English Setter wurden von 1880 bis 1890 ins DHSB eingetragen. Der English Setter hat nie wieder diese Verbreitung erreichen können. Zu Unrecht wird er despektierlich neben den anderen englischen Vorstehhunden als "Blendlaterne" und/oder "Feldflitzer" abqualifiziert. Diese beiden Begriffe gründen auf völliger Unkenntnis oder wollen bewusst diffamieren. Liebhaber dieser Rasse sind in Deutschland niemals ganz ausgestorben. Immer wieder fand sich eine geringe Anzahl von Jägern, die sich zu diesen wunderbaren Hunden besonders hingezogen fühlen. Nach dem 2. Weltkrieg haben zwei herausragende Persönlichkeiten den englischen Vorstehhunden wieder mehr internationale Geltung verschafft. Dies waren die beiden Pointerenthusiasten Otto Hoffmann und Karl Wolf.

Historischer Zusammenhang (1800-1879)

Schon frühzeitig bemühte man sich in fachkundigen Kreisen um die Einfuhr von englischen Hühnerhunden. Lange bevor es Rassestandards gab, gelangten vereinzelt Exemplare zu uns. Aus der Darstellung der Personal- und Verwaltungsverhältnisse (1800-1820) des königlichen Jägerhofes Hannover geht hervor, dass neben 40 bis 70 Saufindern, 10 bis 12Teckeln, 30 Schweißhunden auch 10 bis 12 Hühnerhunde (mit Bevorzugung der englischen Rassen) gehalten wurden. Der letzte Vizekönig von Hannover (Herzog von Cambridge) brachte mehrfach englische Vorstehhunde mit. Der Beste soll die Setterhündin "Duchess", weiß- und schwarzgetigert mit gelben Extremitäten, gewesen sein. Ihren Nachkommen wurde nachgesagt, dass sie sanftmütig und leicht zu lenken waren.

Der Besitz von Jagdhunden war zu Anfang des 19. Jahrhunderts in der Regel an den Adelsstand gebunden. Das Jagdrecht wurde nach der 1848er Revolution in Deutschland an den Landbesitzer (vorher an den herrschenden Adel) gebunden und die Struktur der Gesellschaft im Europa des 19. Jahrhunderts wandelte völlig. Mit Beginn der Industrialisierung bildete sich das Bürgertum und die Spitze (Großbürgertum) glich ihren Lebenswandel an die der vorher herrschenden Klasse (Adel) an. Dazu zählte auch die Ausübung der Jagd. Da das Bürgertum zumeist in der Stadt wohnte, setzte ein großer Jagdtourismus ein. Zwei Errungenschaften des 19. Jahrhunderts - das Eisenbahnnetz erweiterte sich ständig und der Hinterlader wurde erfunden und bis 1880 vollständig entwickelt - förderten diese Entwicklung enorm.

Jagen war nicht billig. Manche Engländer gaben 500 [10000 (Goldmark 1884) bis 600 (12000 (Goldmark 1884)] Pfund Sterling für Jagdreisen nach Schottland aus. Zusätzlich benötigten sie angemessene Ausrüstung und Hunde. Um so ärgerlicher war es, wenn es mangels geeigneter Vorstehhunde nicht zur gewünschten Jagdfreude gekommen war. Schon aus diesem Grund war jeder Jagdreisende daran interessiert, gute Vorstehhunde mit sich zu führen oder vor Ort zu mieten. Mit der Zucht, Ausbildung und dem Handel dieser Rassen konnten dadurch große Geldsummen verdient werden. Noch mehr angeschoben wurde diese Entwicklung durch Ausstellungen (seit 1859 in England und 1863 in Deutschland) und Leistungsprüfungen (seit 1866 in England und 1878 in Deutschland). Im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts änderte sich die Jagdart auf Federwild dahingehend, dass man nicht mehr ausschließlich über dem Vorstehhund jagen wollte, sondern auf getriebenes Wild schoss. Für diese Jagdart benötigte man keine Vorstehhunde. Es blieben jedoch weltweit genügend Liebhaber, die die Jagd über dem vorstehenden Hund mit der Flinte oder dem Anwartefalken bevorzugten. Ein weiteres Betätigungsfeld fand sich im Führen auf sogenannten Field Trials (in Deutschland Paarsuchen). Die britischen Züchter erlangten durch die Veröffentlichung der Ergebnisse von Veranstaltungen in Jagdzeitschriften, sowie dem Kennel Club Stud Book, in Fachkreisen einen großen Bekanntheitsgrad.

1. Deutsches Zuchtbuch (1880-1933)

Es bildeten sich Vereine zur Förderung und Prüfung von Jagdhunden, die sich auf wenige regionale Zonen beschränkten. Nach der Gründung des deutschen Nationalstaates 1872 beginnen 1878 fünf regionale Vereine ("Verein zur Veredelung von Hunderassen für Deutschland" mit Sitz Hannover, Verein "Hector" in Berlin, "Klub zur Prüfung für Hühnerhunde" in Stassfurt, Verein "Nimrod" in Oppeln und der schon erwähnte "Norddeutsche Hetzclub") nach dem Muster des "Kennel Club" mit dem "Kennel Club Stub Book" ein überregionales Konzept zu entwickeln. 1880 wird von den vorgenannten Vereinen der erste Band des Deutschen Hundestammbuches (DHSB) herausgegeben. Ferner einigte man sich auf allgemeingültige Ausstellungs- und Prüfungsregeln. Die Ergebnisse wurden jährlich im DHSB veröffentlicht. Ein lückenloser Nachweis der Zuchttätigkeit konnte dies nicht sein, da nur Hunde aufgenommen wurden, die auf einer Ausstellung oder Prüfung mit erstem oder zweiten Preis prämiert waren, oder dessen Eltern im Kennel Club Stud Book oder im Zuchtbuch des Norddeutschen Hetzclubs eingetragen waren. Wertvolle Prämien und hohe Geldpreise auf Ausstellungen und Prüfungen sollten der Bewegung mehr Beteiligung verschaffen. In Deutschland bekamen die drei ersten des Derbys von 1884 Geldpreise in Höhe von 1000,- Goldmark (diese Summe entsprach in etwa den Jahresausgaben einer Facharbeiterfamilie) ausgezahlt. Das Prüfungswesen und die Eintragungen in das DHSB werden in den ersten 10 Jahren durch Pointer und Setter bestimmt. Von den bis 1892 ca. 6000 eingetragenen Hunden aller damals anerkannten Rassen, betrafen 2324 die englischen Vorstehhunde. Darunter 392 English Setter.

Der nach dieser Blütezeit beginnende Rückgang der Zucht von englischen Vorstehhunden im damaligen deutschen Reich, ist mit den politischen Verhältnissen zu erklären. Das Streben zur Weltmacht und der aufkommende Nationalismus im jungen deutschen Staat forderte die Schaffung eigener deutscher Vorstehhunderassen. Schon zu Beginn hatte sich ein großer Streit unter den damaligen deutschen Kynologen entwickelt, wie denn nun der deutsche Vorstehhund (rau-, kurz- oder langhaarig) auszusehen hatte und wie er arbeiten sollte. Reinrassige Exemplare waren kaum noch vorhanden, und deshalb wurden die deutschen Rassemodelle theoretisch und künstlich, meist unter Benutzung alter Vorbilder, oder im prägnanten Gegensatz zu den englischen Rassen geschaffen. Die Züchter sollten sich bemühen, solch ein Gebilde, wie es in den rein äußerlichen meist belanglosen Einzelheiten theoretisch aufgestellt war, zu erhalten. Es sollte der typische deutsche Hühnerhund (Vorstehhund), mit dem einst die Väter gejagt hatten, wieder hergestellt werden. Sie blickten durch diese Forderung mit dem Motto "durch Typ zur Leistungsfähigkeit" immer rückwärts, statt vorwärts. Es gab jedoch eine größere Anzahl von Jägern und Züchtern die anderer Meinung waren. Zum Beispiel selektierte Korthals nach dem Vorbild Laveracks. In nur 20 Jahren schuf er einen konstanten Stamm rauhhaariger Vorstehhunde, der die Vorzüge der kontinentalen Rassen mit denen der englischen in sich vereinte. Genau wie Laverack musste er sich heftiger Angriffe seitens der Kynologen erwehren, die nicht glauben wollten, dass sich in so kurzer Zeit die Nasenleistung und Schnelligkeit der zuvor existierenden Griffons (rauhaarige Vorstehhunde) ohne Zuführung fremden Blutes (in diesem Fall Pointerblut) so schnell verbessert haben sollte. Gleichzeitig experimentierten die sogenannten deutschen Gebrauchshundleute wie Hegewald und Oberländer mit Kreuzungsversuchen, aus dem dann die Rasse Pudelpointer entstand. Anhänger der Kompositionszuchten (Mischlingszucht) wie der Deutsch Drahthaar, bekamen keine Möglichkeit ihre Hunde in ein Zuchtbuch eintragen zu können. Der deutsche kurzhaarige Vorstehhund wurde durch die Zuführung von Pointerblut verändert. Ferner weigerte sich die Delegierten Kommission ein deutsches Gebrauchshundestammbuch herauszugeben. Um diesen Streitigkeiten mit der sogenannten "Delegierten Kommission" (Vertreter der im DHSB vereinten Hundevereine) aus dem Wege zu gehen, gründeten die Griffonleute (Korthals) und die Teckelleute (Graf Hahn)1888 die ersten Spezialclubs mit eigenem Zuchtbuch. Schon bald folgten andere Spezialrasseklubs welche in Konkurrenz zur "Delegierten Kommission" standen (Deutscher Foxterrier Club 1889, Klub Kurzhaar 1890, Deutscher Barsoi Klub 1896, Verein Pudelpointer 1897, Verein für deutsche Schäferhunde 1899, Klub für rauhhaarige Terrier 1899, 1902 der erste deutsche Setter Verein) nach.

Spezialzuchtbücher + Vereine (1902-1999)

Der Setter-Klub (1902 bis 1912) Er hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Züchter und Liebhaber von English-, Gordon- und Irish-Settern zu dem Zweck zu vereinen, sie wieder auf den Platz zu stellen, der ihnen gebührt. Im Vorwort heißt es weiter: "Einen Hund, dem die Natur Fähigkeiten verliehen, die ihn als Feldhund par exellence alle übrigen Rassen übertreffen lassen, wieder auf die Höhe seiner Glanzperiode zu bringen, die er hierzulande in den achtziger Jahren einnahm, soll das vornehmste Bestreben des Klubs sein." In den 10 Jahren seines Bestehens trug der Klub insgesamt 825 Hunde in sein Zuchtbuch ein. Um der weiteren Zersplitterung und ausufernden Neugründungen von Spezialvereinen entgegenzutreten, beschließen 8 größere Spezialclubs, darunter auch der Setter-Klub, die Gründung eines Dachverbandes. 1906 wird in Frankfurt das "Kartell der stammbuchführenden Spezialklubs für Jagd und Nutzhundrassen" gegründet. Schon 1909 tritt der 1908 gegründete Pointerklub diesem Kartell bei.

der Verein für Englische Vorstehhunde (1912-1914) Um die Interessen der englischen Vorstehhunde in Deutschland besser vertreten zu können, schließen sich 1912 der Setter Klub und der Pointer Klub zum Verein für englische Vorstehhunde zusammen. 1914 wird er in Deutscher Pointer und Setter Verein im Kartell (1914-1933) umbenannt. Ferner wird im Vorwort zum ersten mal auf die Gebrauchshundeigenschaft im vielseitigen Sinn ausdrücklich hingewiesen. Dies hatte seine Begründung darin, den sehr erfolgreichen deutschen Vorstehhunden besser entgegen treten zu können, die im Gegensatz zu den englischen Vorstehhunden die Vielseitigkeit züchterisch herausstellten. Sinn und Zweck des Vereins war und ist die Reinzucht von Pointern und Settern zu heben sowie die Heranbildung und Prüfung der Hunde auf jagdliche Gebrauchsfähigkeit zu fördern. 1933 führten die Nazis das Kartell und die Delegierten Kommission zusammen und verbieten das Deutsche Hundestammbuch. Nachdem die Nazis die Kynologie neu geordnet hatten, musste sich der Verein in Fachschaft für Englische Vorstehhunde (im RDH) umbenennen. Sofort nach Beendigung des Grauens der Naziherrschaft 1945 wird der Klub 1946 unter dem Namen Verein für Pointer und Setter e.V. wiederbelebt. Dieser hat sich bis zur erneuten Jahrhundertwende gehalten. Insgesamt sind von 1912 bis 1999 ca. 45.000 Pointer und Setter in das Deutsche Pointer und Setter Zuchtbuch (DPSZ) eingetragen worden.

Einen großen Riss bildete 1981 zunächst die Neugründung von 4 Spezial Klubs [Deutscher Pointer Klub (DPC),English Setter Klub Deutschland e.V. (ESCD), Gordonsetter Klub Deutschland e.V. (GSCD) und Irish Setter Klub Deutschland e.V. (ISCD)]. Diese Klubs führen inzwischen alle ihr eigenes Zuchtbuch.

Nur English Setter mit dem Zuchtbucheintrag DPSZ oder ESZB sind von der Federation Cynologie International (FCI), dem Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH), und dem Jagdgebrauchshundverband (JGHV) anerkannt. Somit kann nur mit Hunden aus diesen Zuchtbüchern im Ausland und in Deutschland auf Field Trials, Prüfungen und ordnungsgemäßen Zuchtschauen angetreten werden.